„Sie müssen die Zeit genießen!“

Es ist nicht wichtig, wer diesen Text geschrieben hat, denn er könnte von jeder Mutter aufgeschrieben worden sein, da sind wir uns sicher! Viel Spaß also, beim Wiedererkennen der Situation …

Ich flog mit meinen beiden Kindern in den Süden, um mal ein wenig abzuschalten, Sonne zu tanken und die Seele baumeln zu lassen. Der Papi war beruflich unterwegs, er konnte uns nicht begleiten, aber darüber machte ich mir im Vorfeld keine zu großen Gedanken. Vor Ort wurde ich jedoch eines Besseren belehrt: Das Frühstück wurde im Stehen oder Laufen eingenommen, denn die Kids fragten direkt nach dem Aufwachen: „Wann gehen wir zu Pool“? In Windeseile wurden alle umgezogen, eingecremt und die Tasche für den Strand oder Pool gepackt.

Dass das gemütliche Lesen einer Zeitschrift ausfiel, versteht sich von selbst, denn beide Kinder konnten zu dem Zeitpunkt noch nicht schwimmen. Also verbrachte ich den Vormittag fröhlich, aber natürlich immer darauf bedacht, dass keiner unter geht, mit Schwimmen und Spielen. Der eine hatte Hunger, die andere musste auf die Toilette, dann war wieder ein Zeh an der Treppe angeschlagen, es gab immer etwas Neues.

Eines Abends gingen wir in ein Restaurant, denn zum Urlaub gehört für mich auch, dass ich nicht immer kochen muss. Aber auch hier war ich weit davon entfernt, gemütlich essen und mein Glas Wein trinken zu können. Als ich dann gerade unseren Sohn von der Strasse holen wollte (sie waren mehr mit dem Spielen beschäftigt als mit dem Essen)  kam mir ein sympathisches, älteres Pärchen entgegen, dass sich mit unserem Sohn anfreundete. Als sie mich entdeckten, strahlten sie über beide Ohren und meinten: „Sie müssen diese Zeit genießen!“ In dem Moment fühlte ich mich gar nicht verstanden, wie sollte ich das bitte genießen??? Ich konnte weder in Ruhe schlafen, noch essen, noch die Sonne genießen oder in Ruhe duschen, geschweige denn ein Buch lesen oder sonstige Dinge tun, die für mich mit Urlaub zu tun hatten.

Aber nach einer gewissen Zeit wusste ich, was sie meinten: Es ist nicht immer einfach mit Kindern, auch die Vorstellungen sind oft unterschiedlich. Aber sie zu haben, ist eine ganz große Bereicherung und man kann nur von ihnen lernen, wenn man sich darauf einlässt. Loszulassen, das habe ich gelernt, die Dinge so anzunehmen, wie sie sind und sich daran zu erfreuen.

Damals hätte ich dem älteren Paar zu gerne gesagt, dass sie gut Reden haben, aber auch sie hatten Kinder und Enkelkinder und wussten demnach, wovon sie sprechen. Heute bin ich Ihnen sehr dankbar und denke mit viel Freude an diesen anstrengenden, aber wunderschönen Urlaub zurück – die Kinder im Übrigen auch!

„Kinder und Uhren dürfen nicht beständig aufgezogen werden, sie müssen auch gehen.“